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18. Arbeitstreffen des „Netzwerk Gesundheit und Kultur in der volkskundlichen Forschung”

Familie, Beziehungen, Verwandtschaft und Kooperationen in medikalisierten Alltagen

16. und 17. Mai Mai in Göttingen

Gesundheit und Krankheit betreffen Personen emotional und körperlich. Darüber hinaus sind diese Phänomene stets eingebettet in soziale und kulturelle Kontexte. Fürsorge, Care-Arbeit, Versorgung oder Betreuung sind Teil unserer Gesellschaft. Sie verdeutlichen den Betroffenen, dass sie grundlegend auf andere angewiesen sind. 

Im Krankheitsfall ist der Mensch nicht nur als Individuum betroffen, sondern oftmals sind weitere AkteurInnen involviert, denn medizinische Entscheidungen, Therapie und Konvaleszenz finden zumeist in komplexen Verwandtschafts- oder Nahbeziehungen statt. Dadurch kann Pflege, Betreuung und Versorgung von nahestehenden AkteurInnen geleistet werden, die mit den Erkrankten Kooperationen eingehen. Diese Kooperationen beinhalten Verantwortlichkeiten, deren Ausmaß auch durch die Art der jeweiligen Beziehung bestimmt wird. Sowohl von den erkrankten als auch von den fürsorgenden AkteurInnen werden solche Beziehungen vielfach als altruistisch, solidarisch oder gegenseitig beschrieben. In der stationären Versorgung nutzen Pflegefachkräfte, Pflegehilfskräfte, ErgotherapeutInnen und KrankengymnastInnen allerdings selten die Gelegenheit, nahestehende Personen in die Versorgung eines Patienten einzubeziehen.

Im Alltag von Kranken und ihrem sozialen Umfeld spielt neben den Beziehungen auch gesundheitsbezogenes Wissen eine wichtige Rolle, dessen sich die Betroffenen bedienen: dieses Wissen kann auf Schul- und Alternativmedizin basieren, aber auch auf Erfahrungen und Werten aus Selbsthilfegruppen sowie dem emotional nahestehenden Netzwerk. Das Verbinden moderner Schulmedizin mit alternativen Wissensformen oder Laienwissen birgt zunehmend Konfliktpotenzial, etwa aufgrund falscher Vorstellungen und Erwartungen. Sichtbar werden diese Konflikte z.B. wenn medizinische Entscheidungen in der Familie getroffen werden müssen und Auswirkungen auf Beziehungen eines Menschen haben. So erfordert etwa die Pflege eines akut erkrankten Kindes von der Familie eine rasche Neuverteilung an sozialen Ressourcen sowie eine Verständigung darüber, welche Konsequenzen diese Neuverteilung mit sich bringt, insbesondere, wenn sie längerfristig sein wird. Krankheit kann demnach das lebensweltliche Gefüge stören bis dahin, dass diese Beziehungen durch das hohe Maß an (emotionaler) Involviertheit zerbrechen. 

Fragen, die alternative Lebensformen im kultur- und sozialwissenschaftlichen Bereich betreffen, treten angesichts sich verändernder Rahmenbedingungen im Medizin- und Pflegesektor nicht nur bei häuslicher Pflege auf, sondern gehen mit vielfältigen Fragen am Lebensende. Dies sind jedoch nur grobe Charakterisierungen, deren inhaltliche-funktionale Dimension in medikalen Alltagen Thema der hier anzukündigen Netzwerktagung sein wird.

Das 18. dgv-Netzwerktreffen 2019 widmet sich diesem volkskundlichen, kultur- und medizinanthropologischen Feld der „Familie, Beziehungen, Verwandtschaft und Kooperationen in medikalisierten Alltagen“ und stellt folgende Fragen ins Zentrum der Betrachtung: Welche Verantwortlichkeiten und Handlungsspielräume werden in den AkteurInnen in sozialen Beziehungen zugeschrieben? Wie werden zwischen Akteursgruppen Kooperationen ausgehandelt? Welche Erwartungen von Gesundheit werden über Verwandtschaft geprägt? Inwieweit werden familiäre Aushandlungsprozesse im medikalen Alltag sichtbar? In welchem Zusammenhang stehen bei der Betreuung eines erkrankten Familienmitgliedes intersektionale Identitätskategorien (Gender, Religion, Klasse etc.)? Auf welche Konzepte von Familie, Reziprozität und Solidarität wird bei der Care-Arbeit rekurriert? 

Angesprochen sind WissenschaftlerInnen aus den Bereichen Volkskunde/Europäische Ethnologie/Kulturanthropologie, Soziologie, Geschichte, Ethnologie, Geschlechterforschung, Medizin, Psychologie und anderen Disziplinen, die sich aus kultursensibler Perspektive mit diesen Fragen auseinandersetzen. Darüber hinaus fördert das Netzwerk insbesondere NachwuchswissenschaftlerInnen und regt zum interdisziplinären Austausch an. Wie auch bei den vergangenen Tagungen sind Kolleginnen und Kollegen in verschiedenen Qualifizierungsphasen (BA/MA/Magister/Diplom/Dissertation/Habilitation) explizit angesprochen, ihre Fragestellungen/Methoden/Ergebnisse im Rahmen der Netzwerktagung zum Thema „Familie, Beziehungen, Verwandtschaft und Kooperationen in medikalisierten Alltagen“ vorzustellen und zu diskutieren.

Wir hoffen, mit dem gewählten Themenschwerpunkt viele KollegInnen anzusprechen und bitten um entsprechende Themenvorschläge für Vorträge von 30 Minuten Länge. Das Netzwerk wird zukünftig stärker mit der AGEM (Arbeitsgemeinschaft Ethnomedizin e.V.) kooperieren. Es besteht die Möglichkeit, Vorträge als Zeitschriftenbeiträge in der Zeitschrift Curare zu publizieren.

Interessierte werden gebeten, ihr Vortragsthema kurz zu skizzieren (500 Wörter) und bis zum 25. November 2018 bei Sabine Wöhlke (sabine.woehlke@medizin.uni-goettingen.de) oder Anna Palm (info@netzwerk-gesundheit-kultur.de) einzureichen. Auch Anmeldungen zur Teilnahme ohne Vortrag sind willkommen.

Das Treffen soll auf die bekanntermaßen entspannte und offene wie gleichzeitig auch arbeitsintensive Art durchgeführt werden und in Göttingen im Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität stattfinden. Es wird eine Teilnahmegebühr von 30 Euro für die Verpflegung während der Tagung erhoben; Kosten für Reise und Unterkunft können nicht rückerstattet werden. Für alle Teilnehmenden werden zeitnah Programminformationen sowie Anreise- und Unterkunftsinformationen versandt.

Wir freuen uns auf ein interessantes Netzwerktreffen 2019!

Sabine Wöhlke und Anna Palm

Sprecherinnen des dgv-Netzwerks Gesundheit und Kultur in der volkskundlichen Forschung

→ Call for Papers (PDF)

→ Programm (PDF)

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